Dienstag, 6. Mai 2014

Tag 3, 04.Mai 2014, Fornovo die Taro - Cassio, 23,5 km


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04.05. von Fornovo di Taro nach Cassio, 23,5 km, 880 m im Aufstieg

Casa di Spiritualita in Fornovo di Taro, 25, Euro p.P. HP

Sind gestern Abend nach dem üppigen Mahl schnell ins Bett und haben die ganze Nacht den Heizer angelassen, draußen ging nochmal ein heftiger Platzregen runter.
Mit Emanuel hatten wir ausgemacht, dass wir um sechs frühstücken wollten, um beizeiten loszukommen, denn heute liegt eine Strecke vor uns, die es laut Karte in sich hat.
Als wir in den Speisesaal kommen, hat er das Frühstück schon vorbereitet, eine große Kanne Tee wie bestellt, süße Sachen, Cornflakes, Joghurt, Früchte, Butter, Marmelade.
Emanuel ist mit seiner Familie vor sechs Jahren nach Italien gekommen, weil die Christen in Pakistan von den Taliban verfolgt werden, seine drei Kinder im Alter zwischen 14 und 18 Jahren gehen hierzu Schule, die Familie bewohnt ein Appartement in der Villa Maria, sie wollen auch nicht wieder zurück.
Emanuel begleitet uns noch ein Stück des Weges.
Es ist noch sehr frisch als wir gegen halb sieben Fornovo verlassen. Selbst die Einheimischen sagen, dass es ungewöhnlich kalt ist für die Jahreszeit.
Sieben km geht es nun leicht ansteigend bis nach Sivizzano. Hier gibt’s das zweite Frühstück auf einer Bank vor der Kirche, der Käse aus Fidenza und der Schinken aus Fornovo werden verdrückt und der Rucksack ist wieder etwas leichter.
Plötzlich kommen ein Mann und eine Frau mit Rucksack des Weges daher, bleiben stehen als sie uns entdecken und kommen auf uns zu.
„Deutsche?“ fragt die Frau, wir beginnen zu plaudern, die Männer sind etwas reservierter. Das Paar ist etwa in unserem Alter und kommt aus Bremen, gestartet sind sie vor fünf Tagen in Pavia. Sie sind nicht immer gelaufen, auch mal gefahren, und wollen bis Rom und das bis zum 30. Mai.
Geschniegelt und gestriegelt sehen beide aus, sie haben unweit von hier in einem Agriturismo geschlafen, deshalb gehen sie auch gleich weiter. Ihr Ziel für heute heißt auch Cassio. Die Frau trägt weiße Wanderhosen.
Die Sonne kommt heraus und scheint  jetzt um acht, wo ich diese Zeilen schreibe, immer noch.
In Bardone lassen wir uns am Ortseingang auf eine Bank mit Brunnen fallen, ein steinerner Rompilger schmückt den Brunnen.
Es ist ein schmuckes kleines Dorf und einige Frauen stehen um einen öffentlichen Brotbackofen herum und palavern, heute ist Sonntag, da wird gebacken.
Bis Terenzo kommen wir ins Schwitzen und in den kleinen Orten gibt es keine Bar und kein Geschäft, Wasser muss beim Brunnen aufgefüllt werden.
Heute ist Sonntag und Täves * Enkel sind in Scharen unterwegs, üben wohl für den Giro de Italia. Die mag ich, denn sie grüßen immer freundlich und winken beim Vorbeiradeln.
Vor uns sehen wir einen Wanderer laufen, er trägt einen schweren Rucksack mit Isomatte. Bestimmt auch ein Pilger.
Nach dem Stopp in Terenzo geht es 2 km leicht alpin einen vom Schmelzwasser aufgeweichten steinigen Weg bergauf. Das Wasser speist demnächst wohl die Furten des Taros, viel Spaß beim Kneipen!
Oben angekommen begegnen wir dem Pilger mit der Isomatte, er muss sich auch erst einmal ausruhen und die herrliche Landschaft genießen. Einen wunderbaren Blick hat man zurück über die Bergketten des Apennin bis hin zur Poebene. Viel Grün, Blumenwiesen und kleine Weiler.
Er ist auch Deutscher.
Wir hatten uns vorgenommen, nicht nach Wanderführer zu laufen, sondern die alte Strecke zu nehmen, die geht nämlich auf der SP entlang und ist völlig ungefährlich.
Also, den Pilgern, die sich noch auf den Weg begeben, sei gesagt, man kann hinter der Ruheinsel nach dem schweißtreibendem Anstieg einfach auf der kleinen Straße bleiben, die Rechtskurve nehmen, hinter dem Gehöft gibt es eine Biker-Bar, die kein Wanderführer erwähnt, ab hier geht es 4 km die SP 104  entlang, ohne nasse Wanderwege mit stetigem Auf und Ab. Ein leicht verblichenes VF-Schild gegenüber der Bar deutet darauf hin, das früher die Strecke hier lang führte.
Gegen 15.00 Uhr betreten wir Cassio und finden schnell das rote Haus, das Ostello Cassio.
Es ist ein, wie soll man sagen, etwas spezielles Haus. Ein liebenswertes Sammelsurium aus einfach allem, was man sammeln kann, Geschirr, Decken, Kleider, Schallplatten, Bücher, dekoriert in allen Räumen, im Treppenhaus, in den beiden Speisezimmern.
Der Herbergsvater Andrea zeigt uns das Zimmer unterm Dach, ebenfalls dekoriert mit Kunstblumen, einem Audrey-Hepburn-Foto, einem großen Kuscheltier und einem Fußbad-behälter.
Nach dem Duschen lasse ich von Andrea unsere Pilgerpässe abstempeln. 16,- Euro pro Person kostet die Übernachtung. Küchenbenutzung inklusive. Ich bekomme die Küche gezeigt, den Herd erklärt und die vielen Zettel am Kühlschrank. Der ist gefüllt mit Lebensmitteln und Getränken. Damit kann man zwei Fußballmannschaften satt bekommen.
Das deutsche Paar ist auch schon hier und die weiße Hose hängt schon frisch gewaschen auf der Leine.
Danach setzen wir uns in den Garten und Christian aus Leipzig, der Pilger mit der Isomatte, stößt zu uns. Wir trinken gemeinsam ein schönes kaltes Bier aus dem Kühlschrank und machen Erfahrungsaustausch. Er ist in Lausanne gestartet, der Große Sant-Bernhard-Pass war noch geschlossen, daher ist er ein Stück mit dem Bus gefahren und ab Aosta weiter gelaufen, auch er will bis Rom.
Also werden wir uns noch öfters begegenen. Andrea bestellt auch gleich telefonisch für uns drei die morgige Herberge im Ostello della Cisa.
Anschließend gehen wir gemeinsam in die gegenüberliegende Pizzeria, die haben Wifi und wir brauchen den Code.
Der Abend wird noch recht gemütlich. Im Zimmer haben wir einen Katlytofen, den hat mein Mann jetzt angeworfen und es wird schön warm.
Er wirft sich schnell noch eine Aspirin plus C ein und beschließt, jetzt endlich zu genesen, denn für Massa ist in den nächsten Tagen schönes Wetter gemeldet und man will ja nicht umsonst die Badehose mitgeschleppt haben.
Morgen geht es wieder bergauf, die letzte große Bergetappe, aber nur 13 km.

·         Täve Schur (1931)  Friedensfahrtgewinner 1955, 1959, Olympia-Zweiter 1960, Weltmeister im Straßeneinzelrennen 1958 und 1959, DDR-Meister im Straßenrennen 1954, 57, 58, 59, 60, 61 (ohne Doping!)

Erkenntnis des Tages: langsam wird es voll auf der Via !

Sonntag Morgen-6:00 Uhr - Emanuel macht Frühstück



... das heißt: la Strada

Pilgermännchen-Wegweiser

Ortseingang Bardone

Blick zurück Bardone

am Wegesrand VF

Ostello Cassio ...

... mit Garten


Zimmer unterm Dach mit Katalytofen


Andrea - der Herbergsvater

das Esszimmer zur Selbstbedienung und viele Postits am Kamin

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